flexQgrid prognostiziert Engpässe und will diese in der gelben Ampelphase durch den Einsatz einer Quote vermeiden. Doch was ist die Quote überhaupt, wie funktioniert sie und wie wird sie berechnet?
Ein Engpass kann aufgrund von zu hoher gleichzeitiger Einspeisung (z.B. durch Photovoltaik) oder durch Lastspitzen (z.B. durch Elektromobilität oder Wärmepumpen) auftreten. Dabei spricht man von einem Engpass, wenn die maximalen Betriebsgrenzen von Betriebsmitteln überschritten werden. In flexQgrid nutzen wir Prognosen, um solche Engpässe vorausschauend zu erkennen und zu vermeiden. In solchen Fällen sprechen wir von einer gelben Phase der Netzampel. Dann wird über einen kurzen Zeitraum die geplante Einspeisung oder Last reduziert, damit der Engpass nicht tatsächlich auftritt. Diese Reduzierung wird über die Quote gewährleistet. Sie beschreibt den Anteil an Wirkleistung, der noch eingespeist oder bezogen werden darf, ohne einen Engpass hervorzurufen.
Wer bekommt die Quote?
Die Quote wird an die relevanten Akteure kommuniziert. Das können intelligente Haushalte mit einem Energiemanagementsystem oder Anlagen von Aggregatoren sein. Um Haushalten die Entscheidungsfreiheit zu geben, in welcher Form sie ihre Leistung reduzieren möchten, wird die Quote auf den Netzanschlusspunkt ausgesprochen anstatt auf einzelne Anlagen. Dadurch können die Haushalte ihre Anlagen optimal nach ihren Wünschen abstimmen. Doch nicht nur die Anlagen eines Haushaltes, sondern auch die von Nachbarn können sich untereinander optimieren. Nachdem die Quote kommuniziert wird, können auf der Sekundärhandelsplattform Gebote abgegeben werden. Die Gebote vermitteln die Bereitschaft, von der reduzierten Leistung abzuweichen. Kann ein Marktteilnehmer seine Leistung für eine monetäre Gegenleistung noch stärker reduzieren, um einem anderen Marktteilnehmer seine ursprüngliche Fahrweise zu ermöglichen, wird ein Handel abgeschlossen. Nach Marktschließung werden die Handelsergebnisse kommuniziert. Dann muss entweder die ursprüngliche Fahrweise oder die vom Marktergebnis angepasste Fahrweise von den Akteuren in Steuerbefehle an die Anlagen umgesetzt werden.
Wie wird die Quote berechnet?
Für die Berechnung werden verschiedene Netzcluster eingeführt. Das können zum Beispiel alle Anlagen unterhalb eines Niederspannungsabgangs, eines Ortsnetztransformators oder eines Mittelspannungsabganges sein. Prognostizierte Netzengpässe für einen Ortsnetztransformator rufen eine Quote bei den Akteuren hervor, die hinter diesem Ortsnetztransformator im Netz angeschlossen sind. Eine Anlage oder ein Haus ist zusätzlich zu dem Ortsnetztransformator auch in einem Cluster für einen Niederspannungsabgang. Daher muss das System auch dann konfliktfrei funktionieren, wenn ein Akteur mehrere Quoten einhalten muss.
Basis Berechnung
Um zwischen last- und einspeiseseitigen Engpässen zu unterscheiden, gibt es sowohl eine Lastquote als auch eine Einspeisequote. Die Lastquote für ein bestimmtes Cluster in einem 15min-Intervall beschreibt den Quotienten aus der verfügbaren Kapazität (Differenz der Kapazität des Netzbetriebsmittels und der vorhergesagten unflexiblen Leistung im Cluster) und der installierten flexiblen Leistung im Cluster. Ist der Akteur von mehreren Quoten betroffen, gilt stets der niedrigste Quotenwert.
Diese Quote wurde bereits im Vorgängerprojekt „grid-control“ erfolgreich getestet. Sie besteht jedoch aus konservativen Annahmen und führt daher zu einer niedrigen Quote – und damit zu einer hohen Abregelung. Batteriespeicher werden zum Beispiel mit ihrer installierten Leistung einbezogen, obwohl sie in den Prognosen vielleicht gar nicht eingeplant waren. Außerdem berücksichtigt diese Quote nicht den Ausgleich von flexibler Erzeugung und flexibler Last, was ebenfalls zu konservativen Annahmen führt. Da im Vorgängerprojekt weniger diverse Anlagen angebunden waren, war dieser Aspekt im damaligen Rahmen vernachlässigbar. Um das Netz und das Potenzial der flexiblen Anlagen voll auszunutzen, entwickelte das Projekt „flexQgrid“ einen erweiterten Ansatz für die Berechnung.
Erweiterte Berechnung in “flexQgrid”
Um den lokalen Ausgleich flexibler Erzeugung und flexibler Last in die Berechnung miteinzubeziehen, wird die prognostizierte flexible Einspeisung bei der Berechnung der Lastquote berücksichtigt und vice versa. Außerdem wird nicht durch die installierte, sondern durch die prognostizierte Leistung geteilt. Dies führt zu weniger konservativen Annahmen und damit zu einer besseren Auslastung der verfügbaren Netzkapazität. Ein weiterer Vorteil dieser Berechnung ist das Anzeigen der Netzampelphase. Die Quote ist < 1, wenn ein Engpass vorhergesagt wird (gelbe Phase) und > 1, wenn wir in der grünen Phase sind.
Diese erweiterte Berechnung bringt jedoch auch neue Herausforderungen mit sich. Zum einen müssen Akteure sich nun an die prognostizierten Werte halten, da im Gegensatz zur Basis-Berechnung nicht mit dem Maximalwert (entsprechend der installierten Leistung), sondern mit den geplanten Werten gerechnet wird. Zum anderen führt die Berechnung zu einer kaskadierten Quotenberechnung. Um mehrere Quotenanforderungen aus unterschiedlichen Clustern einhalten zu können, werden bereits berechnete Quoten für einen Niederspannungsabgang für die Berechnung der Quote für den Ortsnetztransformator berücksichtigt. Das hat den Hintergrund, dass die Leistung (und damit ein potenzieller Engpass) am Ortsnetztransformator reduziert wird, wenn die Anlagenleistungen in den unterlagerten Niederspannungsabgängen bereits durch eine Quote reduziert wird. Wird trotz der Beachtung der Quote im Niederspannungsabgang ein Engpass am Ortsnetztransformator prognostiziert, müssen die Anlagen noch weiter abgeregelt werden, um auch diesen Engpass zu vermeiden. Dies wird über eine Multiplikation der Ortsnetztransformator-Quote mit der Quote für die unterlagerten Niederspannungsabgänge realisiert.
Vergleich in Simulation und Feldtest
Aktuell werden beide Berechnungsmethoden in einer Simulation verglichen und erste Ergebnisse für wissenschaftliche Veröffentlichungen gesammelt. Im Feldtest ab Sommer 2021 sollen beide Methoden auch in der Praxis verglichen werden. Dabei wird untersucht, ob die getroffenen Annahmen zu den Vor- und Nachteilen der Berechnung auch in der Praxis nachweisbar sind.