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Wie das Forschungsprojekt flexQgrid die Netzführung einbindet

Das Netz der Zukunft wird real: Im Forschungsprojekt flexQgrid integrieren wir technische Innovationen in den realen Netzbetrieb, um die Herausforderungen der Energiewende zu meistern. Diese resultieren insbesondere aus der Zunahme erneuerbarer Energien, die im Gegensatz zu konventionellen Kraftwerken Strom dezentral im Verteilnetz einspeisen sowie aus neuen Verbrauchern wie Elektromobilität. Um unsere Lösungen für diese Herausforderungen im realen Netzbetrieb umzusetzen, berücksichtigen wir reale Rahmenbedingungen, reale Akteure aber auch reale Anforderungen an die Netzführung – Zuverlässigkeit und Versorgungssicherheit.

Operatoren als wichtige Schnittstelle

Essenziell für die Versorgungssicherheit ist die Arbeit der Operatoren in den Leitstellen von Netze BW, die jederzeit den Überblick über den Netzzustand behalten. Dabei verhindern sie schon heute Engpässe im Netz, indem sie beispielsweise Schaltungen durchführen oder die Leistung eines Windparks im Rahmen des Einspeisemanagements beschränken. Durch die Zunahme dezentraler Erzeugungsanlagen sowie durch neue Verbraucher (Elektromobilität, Wärmepumpen) wird diese Aufgabe immer komplexer und umfangreicher.

Unsere Vision im Projekt flexQgrid beinhaltet die Koordination von dezentralen und neuen Akteuren und damit Themen mit direktem Bezug zur Führung des Verteilnetzes. Daher setzen wir bei der Erarbeitung unserer Lösungen auf den Austausch mit den Kollegen der Netzführung. So stellen wir sicher, dass unsere Lösungen mit dem realen Betrieb vereinbar und damit an die Bedürfnisse, Anforderungen und den Alltag der Kollegen angepasst sind. Der Projektpartner PREdistribuce bringt als Verteilnetzbetreiber der Stadt Prag zudem die Sicht eines städtischen Netzbetreibers im EU-Ausland mit ein. Diese Expertise nutzen wir, um unsere Lösungen nicht nur aus der Sicht der Netze BW zu bewerten, sondern auch deren Übertragbarkeit auf andere Rahmenbedingungen hin zu prüfen.

Engpässe transparent vermeiden

Unser Ziel im Projekt ist die proaktive Vermeidung von Engpässen im Verteilnetz durch das Netzampelkonzept in Kombination mit einem Quotenmodell. Engpässe werden vorausschauend prognostiziert und durch die intelligente Koordination von Flexibilitäten vermieden. Kommt es dennoch zu akuten Engpässen in Echtzeit, erkennt ein dezentrales System namens PSIngo den Engpass sofort und steuert die Anlagen im Verteilnetz autonom, um den Engpass zu lösen. Durch die Vielzahl an Anlagen ist eine Automatisierung an dieser Stelle sinnvoll, obwohl eine Automatisierung stets mit technischen Risiken verbunden ist – sowohl hardware- als auch softwareseitig. Aus diesem Grund schaffen wir Transparenz über die Handlungen der Systeme und ermöglichen jederzeit ein Eingreifen der Leitstelle.

Dazu haben die Projektpartner Netze BW und PSI von November 2019 bis März 2020 gemeinsam Visualisierungs- und Benutzerkonzepte für die Mitarbeiter der Leitstellen entworfen. Anschließend haben wir unsere Lösungen mit der PREdistribuce sowie der Netzführung der Netze BW diskutiert und wertvolles Feedback eingearbeitet. In der weiteren Projektlaufzeit werden wir die folgend erläuterte Umsetzung regelmäßig mit weiteren Mitarbeitern der Leitstellen besprechen.

Mit dieser Oberfläche unterstützen wir den Operator bei den neuen Herausforderungen
  1. Durch eine Visualisierung der Ampelphasen wird den Operatoren mitgeteilt, ob gerade Engpässe durch eine Quotenvorgabe vermieden werden (gelbe Ampelphase), automatisierte Regelungen in Echtzeit vorgenommen werden (rote Ampelphase) oder nichts von beidem (grüne Ampelphase). Damit schaffen wir Transparenz über die Automatisierung.
  2. Für die Operatoren relevante Meldungen – insbesondere technische Probleme der Systeme – werden in einem Event-Protokoll aufgelistet. So sind die Operatoren stets über die automatisierten Handlungen sowie potenzielle Fehlerquellen informiert. Zur besseren Übersichtlichkeit wird zwischen verschiedenen Typen von Meldungen, wie bspw. Warnungen und Alarmen, unterschieden.
  3. Bei Bedarf können Operatoren die Systeme zur automatisierten Netzsteuerung jederzeit über entsprechende Buttons deaktivieren bzw. wieder aktivieren. So können sie beispielsweise bei einem Fehlverhalten der Systeme eingreifen und behalten stets die Hoheit über das Netz. Die Niederspannungsnetze können außerdem bei Bedarf detaillierter visualisiert werden, um beispielsweise ein potenzielles Fehlverhalten zu überprüfen.
  4. Die am Netzampelkonzept teilnehmenden Anlagen sind steuerbar und damit auch flexibel in ihrem Verbrauch bzw. ihrer Erzeugung. Neben der Nutzung dieser Flexibilität zur Vermeidung von Engpässen im Verteilnetz im Rahmen der Netzampel, kann sie außerdem für die Stützung vorgelagerter Spannungsebenen verwendet werden. Dabei wird vorhandenes Potenzial im Verteilnetz genutzt, um durch gezielte Steuerung eines großen Pools an dezentralen Anlagen Probleme im überlagerten Übertragungsnetz zu lösen. Um auch hier nicht die Vielzahl der Einzelanlagen separat ansteuern zu müssen, entwickelt die Universität Stuttgart ein Abrufkonzept für aggregierte Wirk- und Blindleistung, sodass ganze Cluster (wie bspw. Ortsnetze) auf einen definierten Betriebspunkt gesetzt werden können. Ein sogenanntes PQ-Diagramm (wie in der Grafik dargestellt) zeigt dabei das Potenzial des jeweiligen Clusters.

In den kommenden Monaten werden wir die Konzepte umsetzen und im Austausch mit den Kollegen der Leitstelle weiterentwickeln. Weitere Neuigkeiten erfahren Sie hier auf unserer Seite.

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